Einfache Sprache ist dazu da, Inhalte so verständlich wie möglich wiederzugeben. Jede*r von uns hat schon mal den Ansatz gehört: „Erklär es mir, wie du es einem Kind erklären würdest!“ Das funktioniert so gut, weil wir uns dann beim Erklären auf das Wesentliche konzentrieren.
Wir sammeln in unserem Leben immer mehr Wissen – und das ist Fluch und Segen zugleich. Je mehr wir über einen Bereich wissen, desto mehr möchten wir darüber sprechen. Und das machen wir am liebsten in Fachsprache oder mithilfe von umfangreichem Wortschatz. Denn wir wollen ja zeigen, was wir gelernt haben. Genau das macht unsere Kommunikation meistens allerdings komplex und hölzern. Und das lässt uns alles andere als gut da stehen! Texte werden unverständlich und Vorträge langatmig. Vor allem aber führt es zu Verwirrung, wenn Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Bildungsebenen aufeinandertreffen.
Was einfache Sprache ausmacht
Für erfolgreiche Kommunikation kann einfache Sprache ein guter gemeinsamer Nenner sein. Das Ziel von einfacher Sprache ist es, die Inhalte auf den Kern zu reduzieren und den Wortschatz zu vereinfachen. Ähnlich wird es bei der Leichten Sprache gemacht. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den beiden. Denn einfache Sprache ist immer noch komplexer, also quasi die Mitte zwischen Leichter Sprache und Standardsprache. Mehr zum Unterschied zwischen Leichter und Einfacher Sprache findest du in unserem Blogbeitrag.
Noch ist nicht klar, ob einfache Sprache wie Leichte Sprache komplett an ein Regelwerk angelehnt wird. (An einer DIN-Norm wird allerdings schon gearbeitet.) Deswegen können momentan in verschiedenen Kontexten verschiedene Kriterien für einfache Sprache gelten. Also je nach Zielgruppe kann angepasst werden, was als einfacher empfunden wird.
Aber keine Sorge: Obwohl es (noch) kein festes Regelwerk gibt, lassen sich trotzdem einige Grundsätze festmachen, an denen man sich orientieren kann.
Für wen ist einfache Sprache hilfreich?
Einfache Sprache ist ein Allround-Talent. Alle sind ausnahmslos glücklich, wenn Informationen direkt und simpel vermittelt werden – versprochen! Ein witziges Beispiel ist die Website Lol-My-Thesis (in englisch).
Auf der Seite werden komplexe Diplomarbeiten mit noch komplexeren Titeln auf einen einfachen Satz heruntergebrochen, Heureka!
Ein Beispiel:
In diesem Beispiel wird die Linguistik-These der Uni Mannheim wie folgt zusammengefasst:
„Nonstandard in Semantic Space – Knowledge, Attitudes and Variation of Standard and Nonstandard Speech“
(„Nichtstandard im semantischen Raum – Wissen, Einstellungen und Variation von standardmäßiger und nichtstandardmäßiger Sprache“)
wird zu
„People speak the way they do because they can, duh!“.
(„Menschen sprechen, wie sie sprechen, weil sie es können!“)
Das ist natürlich ein sehr humorvoller Weg, Sprache zu vereinfachen. Aber es zeigt anschaulich den Kontrast zwischen verschachtelter Fachsprache und einfacher Kernaussage.
Einfache Sprache kommt also nicht nur Analphabet*innen (in Deutschland ist das jede*r Siebte!) oder Menschen mit geringen Sprachkenntnissen zugute, sondern auch jedem Menschen, der sich mit einer Fachdomäne nicht auskennt. Oder auch jeder Person, die gerade keine Lust hat zu denken (in Deutschland ist das jeder Mensch im Internet!)
Zur Quelle über Analphabet*innen auf der Seite der Aktion Mensch.
Um noch genauer zu verstehen, wie viele Menschen von einfacher Sprache profitieren, sehen wir uns mal die Sprachniveaus in Deutschland an. Diese wurden vom Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GER) definiert. Sie sind untergliedert drei Kategorien:
- Elementare Sprachverwendung (A1 Einstieg, A2 Grundlagen)
- Selbstständige Sprachverwendung (B1 Mittelstufe, B2 Gute Mittelstufe)
- Kompetente Sprachverwendung (C1 Fortgeschritten, C2 Exzellent)
Hinsichtlich des Sprachlevels ist die einfache Sprache ungefähr von Stufe A2 bis einschließlich B2 einzuordnen. Das ist annähernd das Sprachverständnis von 90 Prozent der Menschen in Deutschland. Nur ca. neun Prozent der Menschen verstehen die Sprachstufen C1 und C2 – also fortgeschrittenes und exzelllentes Deutsch. Ein sehr guter Grund, sprachlich einfach zu bleiben, oder? Mehr statistische Fakten findest du hier bei Capito.
Was muss ich bei einfachen Texten im Generellen beachten?
Wie gesagt, gibt es dafür keine festen Regeln. Es gibt aber durchaus Punkte, an die du dich halten kannst, wenn du deine Texte für alle verständlicher machen willst.
Hier ist eine Liste, die für das Sprechen und das Schreiben gilt:
- Verzichte auf Fremdwörter, Abkürzungen und Fachbegriffe – oder erläutere sie.
- Gliedere deine Texte und Vorträge sinnvoll.
- Sei eindeutig. (Verzichte auf Ironie, Metaphern oder Synonyme.)
- Nutze aktive Satz-Konstrukte.
(Nicht: „Eine Grafik wird betrachtet.“, sondern „Wir betrachten eine Grafik.“) - Vermeide Negationen.
(Nicht: „Nicht unwichtig ist hierbei …“, sondern „Wichtig ist hierbei …“) - Vermeide abstrakte Wörter, die Auslegungssache sind.
- Nutze dinghafte Sprache, (also greifbare, sensorische Worte) damit sich die Zuhörer das Gesagte vorstellen können.
- Mache einen Satz nicht länger, als beim lauten Lesen der Atem reicht.
- Jeder Satz sollte nur einen Gedanken enthalten
- Die Wörter sollten allgemein bekannt und möglichst eindeutig sein: „Geld“ statt „Zahlungsmittel“ oder „Kirche“ statt „Gotteshaus“.
Beispiel eines Satzes mit Passiv: „Heutzutage werden vor allem behördlich oft komplexe Formulierungen und Fachjargon genutzt, was dazu führt, dass nicht jede*r begreifen kann, was der Inhalt bedeutet.“
Beispiel des Satzes im Aktiv: „Behörden drücken sich oft kompliziert aus. Darum können nur wenige Menschen verstehen, was sie sagen wollen.“
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Tipps für einfaches Schreiben
Kurz und gut!
Schrifttexte kann man gut vereinfachen, indem man auf kurze Sätze achtet. Vermeide mehr als ein Komma nutzen zu müssen. Lange Wörter solltest du am besten ersetzen, umschreiben oder möglichst durch Bindestriche lesbarer machen. Auch Absätze solltest du kurz halten. Optische Pausen helfen dem Gehirn, aufgenommene Inhalte zu verarbeiten.
Eine gute Regel, die ich aus dem Deutsch-Leistungskurs mitnehmen konnte:
wenn dein Text fertig ist, streiche Wörter, die nicht notwendig sind fürs Verständnis. Mal ehrlich: Wir sind alle kleine Phrasen-Drescher*innen. Viele Wörter sind nur Füllmaterial. Sie verlängern Sätze unnötig und verbraten wichtige Lesekapazität.
Beispielsatz mit vielen Füllwörtern: „Also, ich denke, dass es eigentlich eine gute Idee wäre, wenn wir, vielleicht morgen, anstatt heute, ins Kino gehen würden.“
Der gleiche Satz, ohne Füllwörter: „Lass uns morgen ins Kino gehen.“
Kurz ist allerdings nicht immer gleichbedeutend mit einfach. Ein kurzes Wort kann ein komplexes Fremdwort sein, oder eine Abkürzung unbekannt. Das kann den kompletten Text unverständlich machen. Ein kurzer Einschub kann den Lesefluss deutlich mehr unterbrechen, als die Information in einen zweiten Satz zu packen. Hinterfrage deine Kürzungs-Maßnahme also immer.
Fachtexte
Wie schon angesprochen: Domänen-Sprache kann auch kurze Texte schwierig gestalten.
Gerade im Bereich des sogenannten „Amtsdeutsch“ muss sich in Sachen Verständlichkeit noch viel tun. 86 % der Deutschen geben in einer Befragung der GfdS (Gesellschaft für deutsche Sprache) an, Schwierigkeiten mit Briefen von Gerichten, Ämtern und Anwälten zu haben.
Nicht verwunderlich, denn laut OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) haben 17,5 Prozent der Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter beim Verstehen von Texten das Niveau eines zehnjährigen Kindes. Um einem Text Informationen entnehmen zu können, brauchen sie kurze Sätze mit einfachem Vokabular.
Die Quellen zu den beiden Studien findest du in diesem Artikel der GfdS.
Auch in Fachbereichen wäre es also wichtig, bei einfacher Sprache zu bleiben. Gerade Ämter und offizielle Stellen sollten sich „bürgernah“ ausdrücken, was in diesem Bereich als Synonym für einfach genutzt wird.
Aussehen und Struktur
Keine Sorge, wir reduzieren deinen Text nicht aufs Äußere, jetzt, wo er schön von Innen ist!
Wenn du allerdings ein wenig auf die Form achtest, wird dein Text deutlich leichter greifbar fürs Gehirn der Lesenden.
Dazu gehört – wie auch bei der Barrierefreiheit – ein großer Schriftgrad mit gut erkennbaren Buchstaben.
Mit den oben erwähnten Absätzen kannst du Struktur schaffen. Diese kann mit Unterüberschriften unterstützt werden. Es ergibt sich eine optische wie inhaltliche Gliederung. So können Leserinnen und Leser jederzeit kurz Pause machen, ohne den Faden zu verlieren. Jeder kleine Abschnitt ist eine in sich geschlossene, sinnvolle Einheit.
Im Gegensatz zur Leichten Sprache ist eine Bebilderung nicht verpflichtend, kann aber zum Textverständnis beitragen. Und wer liebt nicht erholsame Bilder-Inseln im weiten Buchstabenmeer?
Tipps für einfaches Sprechen
Jetzt, wo wir alle textsicher und erholt sind, widmen wir uns noch dem gesprochenen Wort. Die gute Nachricht ist: Es gelten die gleichen Regeln wie für schriftliche Texte und die kennen wir schon!
Zusätzlich muss man beim einfachen Sprechen vorwiegend auf das Akustische achten:
- Spreche langsam und deutlich! (Oft ist es gerade deutlich genug, wenn du dir schon etwas albern vorkommst.)
- Verzichte auf Dialektwörter, Fremdwörter oder Umgangssprache.
- Vermeide Anglizismen.
- Sei direkt, vermeide Andeutungen oder Ironie.
- Halte Augenkontakt. Es kann beim Verstehen helfen, dir ins Gesicht zu sehen.
- Verzichte auf Füllwörter („Ähm, ja … genau“) und unnötige Wiederholungen.
- Spreche dein Gegenüber direkt an.
- Mache (Sprech-)Pausen. Gib den Zuhörer*innen Zeit Gehörtes zu verarbeiten bzw. Fragen zu stellen, falls notwendig.
Gerade verbal verfällt man gerne in alte Muster. Man kann den Satz nicht noch einmal überfliegen und kürzen. Das kann unter Druck setzen und dazu führen, dass man sich erst recht verstrickt. Wenn du sichergehen willst, dass du dich einfach ausdrückst, nimm dich mal auf. Höre dir selbst zu. Finde heraus, was für Füllwörter du nutzt. Welche Phrasen du aus deinem Vokabular streichen kannst. Ob du viel Denglisch redest und das reduzieren kannst. Weiterhin kannst du dir Feedback von deinem Umfeld holen. Und wenn du deine Erkenntnisse gesammelt hast, gilt mal wieder: Übung macht den Meister!
Fazit zu einfacher Sprache
Das Schöne an einfacher Sprache ist: Du musst nichts Neues lernen! Sondern eher etwas Gelerntes vergessen. Back to basics. Ballast loswerden. Einfache Sprache lohnt sich sehr, wie wir spätestens seit diesem Artikel wissen. Denn du erreichst mehr Menschen. Du verbesserst durch klare Worte dein SEO. Du erhöhst durch direkte, simple Ansprache deine Conversion-Rates. Mehr dazu in dieser Studie wie die Lesbarkeit deiner Webseite deine Conversion-Rate beeinflusst.
Du machst dir mehr Gedanken über den Kern deiner Aussagen. Du sparst langfristig Zeit, weil du effizienter kommunizierst. (Und, hey, Zeit ist Geld. Und das kann man bekanntlich immer brauchen!)
Und um auf unseren Ausgangspunkt zurückzukommen: Wir benötigen gar keine Fachsprache, um mit unserem Wissen zu punkten! Denn je einfacher wir sprechen, umso besser werden wir verstanden. Und je besser Menschen uns verstehen, umso kompetenter schätzen sie uns ein. Sie fassen Vertrauen, weil es Sinn ergibt, was wir sagen. Mehr dazu findest du in diesem englischen Artikel der Sience Daily.
All diese Punkte machen es zu einem echten Gewinn, sich einfach auszudrücken.
Darum bleib dran und keep it simple!