Anwendungsbereich: Digitale Barrierefreiheit
In diesem Artikel dreht sich alles um die Umsetzung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes im digitalen Bereich. Es betrifft Websites, Apps, Onlineshops und andere digitale Services, die folgende Beschreibung erfüllen:
Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr
Paragraf 1, Absatz 3, Nummer 5 im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Im Paragraf 2, Nummer 26, wird das genauer erklärt. Der Paragraf erläutert die Auswirkungen auf den gesamten E-Commerce von Produkten oder Dienstleistungen, die Gegenstand eines Verbrauchervertrages sind.
Kurz gesagt: Onlineshops müssen zukünftig barrierefrei sein! Aber das Gesetz geht noch weiter.
In Paragraf 19 der Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ist zu lesen:
- Firmen müssen über die Barrierefreiheit der Produkte oder Dienstleistungen informieren.
- Identifizierungs-, Authentifizierungs-, Sicherheits- und Zahlungsfunktionen müssen barrierefrei sein, wenn sie für angebotene Dienstleistungen verwendet werden.
- Identifizierungsmethoden, Authentifizierungsmethoden, elektronische Signaturen und Zahlungsdienste müssen barrierefrei sein.
Das bedeutet, dass nicht nur Webseiten, die Produkte verkaufen, barrierefrei gestaltet werden müssen, sondern auch solche, auf denen man bequem online Termine buchen kann – sei es beim Friseur oder im Restaurant.
Bis wann muss ich digital barrierefrei sein?
Gemäß dem Gesetz müssen Webseiten, Onlineshops und Apps, die vor dem 28. Juni 2025 erstellt wurden, vorerst nicht verändert werden. Es betrifft nur neue Seiten und Apps, die ab dem 28. Juni 2025 entwickelt werden – sie müssen von Anfang an barrierefrei sein.
Es gibt eine Übergangszeit von fünf Jahren für bereits bestehende Webseiten und Apps. Das bedeutet, dass bis zum 27. Juni 2030 alle digitalen Präsenzen und Angebote, die vom Gesetz erfasst werden, barrierefrei sein müssen.
Aber Moment mal, bedeutet das etwa, dass du keine Maßnahmen ergreifen musst, wenn du bereits eine Webseite hast? Ganz so einfach ist es leider nicht. Schließlich möchtest du deine Website verändern, um allen Menschen die Möglichkeit zu geben, ein selbstbestimmteres Leben zu führen! Naja und, es gibt noch eine interessante Erweiterung des Zeitrahmens.
Wesentliche Änderungen: Barrierefreiheit bei Website-Aktualisierungen
Websites unterliegen ständigen Veränderungen. Neue Inhalte werden hinzugefügt und Bestehendes verbessert. Wenn du eine Webseite besitzt, die vor dem 28. Juni 2025 erstellt wurde und wesentliche Änderungen vornimmst, müssen diese Änderungen barrierefrei umgesetzt werden.
Hier ein Beispiel für eine wesentliche Änderung:
Angenommen, du betreibst einen Online-Shop, der Lampen verkauft, und entscheidest dich dazu, eine neue Kategorie wie beispielsweise Steckdosen hinzuzufügen. Dadurch änderst du dein Angebot.
Als Konsequenz bist du nun verpflichtet, dieses neue Angebot barrierefrei zugänglich zu machen. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit haben müssen, die neuen Produkte zu erwerben. Du merkst vielleicht schon, dass sich dadurch mehrere Herausforderungen ergeben.
Es betrifft nicht nur die neuen Artikel selbst, sondern auch den Warenkorb und den Checkout-Prozess. All diese Elemente müssen jetzt barrierefrei gestaltet sein, um allen Menschen eine gleichberechtigte Nutzung zu ermöglichen.
Dies führt dazu, dass nahezu jede wesentliche Änderung in einem Onlineshop zwangsläufig dazu führen wird, dass der gesamte Shop barrierefrei gestaltet werden muss.
Wenn du also nicht bereits jetzt mit der Planung von Barrierefreiheit beginnst, wirst du ab 2025 ziemlich schnell mit Problemen konfrontiert werden.
Darum legen wir dir ans Herz, aber jetzt Barrierefreiheit als integralen Bestandteil der Website-Entwicklung zu betrachten. Dadurch stellst du sicher, dass dein Onlineshop für alle Besucher zugänglich ist und du rechtzeitig die Anforderungen des Gesetzes erfüllst.
Ausnahme der digitalen Barrierefreiheit
Die Ausnahmeregelung des Gesetzes besagt, dass Kleinstunternehmen, die Dienstleistungen anbieten, nicht dazu verpflichtet sind, ihren Online-Auftritt barrierefrei zu gestalten.
Du fällst unter diese Ausnahme, wenn du ein Unternehmen bist, dass …
Weniger als 10 Personen beschäftigt und höchstens einen Jahresumsatz von 2 Millionen € macht oder die Jahresbilanzsumme höchstens 2 Millionen € ist.
Paragraf 2, Nummer 17
Wenn dein Unternehmen jedoch 10 oder mehr Mitarbeiter hat oder den Jahresumsatz bzw. die Jahresbilanzsumme überschreitet, musst du dein digitales Angebot barrierefrei machen.
Beachte jedoch, dass diese Ausnahmeregelung nur für Dienstleistungsunternehmen gilt. Wenn du Produkte online verkaufst, unabhängig von der Anzahl und des Umsatzes, musst du dein Angebot barrierefrei gestalten.
Weitere Ausnahme: Zu große Belastungen durch das Gesetz
Wenn du der Meinung bist, dass die Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen für dein Unternehmen eine unverhältnismäßige Belastung darstellt, kannst du eine Ausnahme beantragen.
Hierfür musst du dich an die zuständige Marktüberwachungsbehörde wenden und den Antrag auf Ausnahme stellen. Es ist allerdings wichtig zu beachten, dass eine Ausnahme nur in seltenen Fällen gewährt wird und eine hohe Hürde darstellt.
Die zuständige Behörde wird deinen Antrag sorgfältig prüfen, um sicherzustellen, dass die Barrierefreiheit nicht aus bloßer Bequemlichkeit vernachlässigt wird.
Bußgelder und Rechtsrisiken für die Nichteinhaltung
Wenn Unternehmen gegen das Gesetz verstoßen, können Marktüberwachungsbehörden Geldstrafen verhängen, die bis zu 100.000 € betragen können.
Es gibt vier Wege, auf denen Unternehmen belangt werden können, wenn sie das Gesetz zur Barrierefreiheit nicht einhalten.
1. Unlauterer Wettbewerb
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist Teil des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Es besagt, dass Unternehmen fair gegenüber Verbrauchern agieren müssen und bestimmte öffentlich-rechtliche Pflichten erfüllen müssen, um Verbraucher zu schützen.
Wenn Unternehmen diese Pflichten nicht erfüllen oder keine Ausnahmen greifen, können Verbraucherschutzorganisationen und andere Unternehmen rechtliche Schritte unternehmen. Insbesondere Mitbewerber können so dazu gebracht werden, fair zu agieren.
2. Gewährleistungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches
Bei Produkten, die die Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes nicht erfüllen, hat der Kunde das Recht, das Produkt zurückzugeben oder den Preis zu reduzieren, da es ein Problem mit dem Produkt gibt, das normalerweise nicht repariert werden kann. Zum Beispiel wenn ein Mensch mit Behinderung das Produkt überhaupt nicht nutzen kann.
3. Verstoß gegen Informationspflichten
Wenn man einen Vertrag abschließt, muss man auf die Rechte, Interessen und Güter des anderen Vertragspartners achten. Das gilt auch, wenn man noch dabei ist, den Vertrag abzuschließen.
Wie sehr man darauf achten muss, hängt vom Vertrag ab. Wenn man zum Beispiel von der Fachkunde des anderen Vertragspartners abhängig ist, muss man besonders aufpassen.
Menschen mit Behinderungen müssen hier natürlich auch berücksichtigt werden. Das bedeute, dass man zum Beispiel darauf achtet, dass sie keine Barrieren haben, um an Informationen zu kommen.
Wenn es keine Barrierefreiheit gibt und der Verbraucher dadurch einen Fehler macht (z.B. eine falsche Reise bucht oder die falsche Menge von Produkten kauft), dann kann er dafür Schadensersatz verlangen.
4. Klagemöglichkeiten für Verbraucher und Verbände
Wenn Menschen mit Behinderungen Verstöße gegen das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz bemerken, können sie die zuständige Behörde bitten, diese Verstöße zu beseitigen. Wenn die Behörde den Antrag ablehnt, können die betroffenen Personen dagegen vor Gericht klagen oder bestimmte Verbände damit beauftragen, ihre Rechte wahrzunehmen.
Es gibt auch weitere Möglichkeiten für Klagen auf Unterlassung und Beseitigung von Verstößen gegen Verbraucherschutzgesetze. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist ein solches Gesetz und zielt darauf ab, die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen für Verbraucher und Nutzer zu gewährleisten.
Das Unterlassungsklagengesetz wird bald durch das Verbandsklagengesetz abgelöst, um die Klagemöglichkeiten für Verbände zu erweitern und zu vereinfachen, die im Interesse von Verbrauchern handeln.
Die Legalitätspflicht
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist ein Gesetz, was bedeutet, dass es von Unternehmen eingehalten werden muss!
Sowohl Einzelunternehmer als auch Geschäftsführungen von Kapitalgesellschaften sind dafür verantwortlich, dass ihre Angebote barrierefrei zugänglich sind. Wenn sie das nicht tun, können sie zur Rechenschaft gezogen werden.
Viele größere Unternehmen haben bereits sogenannte Compliance-Management-Systeme eingeführt. Diese Systeme erfassen alle gesetzlichen Pflichten und legen klare Verantwortlichkeiten fest. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz wird auch Teil dieser Systeme sein.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Einhaltung des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes keine einmalige Angelegenheit ist. Es muss kontinuierlich dafür gesorgt werden, dass die Webseite oder App barrierefrei bleibt. Das betrifft nicht nur den technischen Teil, sondern auch den Inhalt der Seite. Nur so können wir sicherstellen, dass jeder Mensch Zugang zu unseren Angeboten hat.