Videos gehören längst zum digitalen Alltag: in sozialen Medien, auf Webseiten, in E-Learnings und in der Werbung. Häufig sind sie jedoch nicht barrierefrei gestaltet. Wer nicht (gut) hören oder sehen kann, wird ausgeschlossen – etwa wenn Untertitel oder Audiodeskriptionen fehlen oder der Player nicht zugänglich ist. Barrierefreie Videos ermöglichen Teilhabe für alle!
85 % der Facebook-Nutzenden und 80 % der LinkedIn-Nutzenden scrollen außerdem mit ausgeschaltetem Ton durch ihre Social-Media-Feeds. Indem du deine Videos barrierefrei machst, lässt du also nicht nur Menschen mit Behinderung an deinem Content teilhaben, du erhöhst automatisch auch die allgemeine Anzahl an Zuschauer*innen.
Klingt gut, aber wie setze ich das um? Was genau zu beachten ist, hängt davon ab, welche Art von Video eingesetzt wird. Im Folgenden erklären wir dir, welches Video, was benötigt und wie du es umsetzt.
Die 4 Typen von Videos
Nicht jede Form von Video braucht automatisch Untertitel und eine Audiodeskription. Entscheidend ist, wie viele Informationen über Ton und Bild vermittelt werden. Dabei lassen sich vier Kategorien unterscheiden.
1. Stumme Videos

Stumme Videos geben nur visuelle Informationen. Deshalb reicht hier eine Textversion – ähnlich wie bei einem Foto der Alt-Text. Eine vollwertige Alternative könnte natürlich auch eine Audiodatei sein, sollte das für dich leichter umzusetzen sein.
2. Aufgezeichnete Videos mit Bild und Tonspur
Wenn zum Bild Ton dazu kommt, wird es komplexer. Ich kann nicht einfach eine Textversion lesen während der Ton läuft, denn dann hätte ich ja gar keine Information wie Bild und Ton zusammen gehören. Deshalb bieten wir für unsere Videos mit Tonspur zwei Alternativen:
- Untertitel für alle die, die Videos nicht (gut) hören (z.B. eine taube Person oder jemand im Zug, der seine Kopfhörer vergessen hat.)
- Audiodeskription für alle, die die Videos nicht (gut) sehen (z.B. eine blinde oder sehbehinderte Person)
3. Live-Übertragungen

Auch, wenn wir Videos live übertragen, haben wir visuelle und auditive Information. Diese sollen – genau wie bei aufgezeichneten Videos – auch bei allen ankommen. Hier reichen für den WCAG Standard AA zuschaltbare Untertitel aus. Es gibt allerdings auch die Möglichkeit, eine Live-Audiodeskription zu organisieren. Wie genau das funktioniert, kannst du nachlesen bei Hör mal Audio. In ihrem Instagram-Accout geben sie tolle Einblicke in ihre Arbeit (Wirklich cool, einen Einblick in Konzerte oder Sport-Events mit Audiodeskription zu bekommen!)
4. Video als Medienalternative
Wenn dein Video an sich schon eine Alternative ist für ein anderes Medium, dann braucht es natürlich keine Alternative. Das heißt, wenn du eine detaillierte Origami-Faltanleitung geschrieben hast und als Alternative für den Text das Ganze genauso abgefilmt hast, wie es im Text steht, dann braucht dein Video nicht noch einen zusätzlichen erklärenden Text, denn es basiert dann ja auf einem. Macht Sinn, oder?
Einordnen und wissen, was zu tun ist
Zuerst solltest du also klären, in welche dieser vier Kategorien dein Video fällt. Dann weißt du, ob es überhaupt eine Alternative braucht und, wenn ja, welche. Und dann kannst du dich an die Umsetzung deiner Alternative machen. Wie? darum geht es jetzt!
Untertitel – Alternative für die Tonspur
Wenn du in deinem Video Informationen über die Tonspur vermittelst, dann sind Untertitel ein absolutes Muss. Ausnahmsweise ist die deutsche Sprache hier aber nicht genau. Im Englischen wird nämlich zwischen Caption und Subtitle unterschieden. Beide werden im Deutschen oft mit demselben Wort Untertitel übersetzt, obwohl sie unterschiedliche Dinge benennen.
Subtitles sind Untertitel, die den gesprochenen Text in eine andere Sprache übersetzen. Sie ermöglichen es Zuschauer*innen, die die Originalsprache des Videos nicht verstehen, den Inhalt dennoch zu erfassen.
Captions sind Untertitel, die nicht nur den Dialog in einer anderen Sprache übersetzen, sondern auch weitere wichtige Informationen vermitteln. Sie können zusätzliche Details wie Beschreibungen von Geräuschen, Musik, Hintergrundgeräuschen, Lachen oder anderen wichtigen Klängen enthalten.
Wenn wir über barrierefreie Untertitel sprechen, meinen wir in der Regel Captions, denn Captions dienen nicht nur dazu, den Dialog zu übertragen, sondern ermöglichen eine umfassendere Erfahrung und damit eine echte Alternative zur Tonspur.
Darauf kommt es bei Untertiteln an
Der Untertitel ersetzt das gesprochene Wort. Deshalb muss der Untertitel inhaltlich exakt wiedergeben, was in dem Video gesprochen wird. Grammatik und Rechtschreibung sollten korrekt sein, damit der Text gut lesbar ist. Für mehr Informationen kannst du dich an den Untertitelrichtlinien orientieren. Diese Richtlinien werden von Verbänden wie der Deutscher Gehörlosen Bund e. V. oder Deutscher Schwerhörigenbund e. V. unterstützt und sind daher eine gute Quelle für dich.

Wenn es in deinem Video neben dem gesprochenen Wort auch andere wichtige Geräusche gibt, sollten diese ebenfalls im Untertitel auftauchen. Denke daran, dass der Untertitel eine gleichwertige Alternative sein sollte. Geräusche wie beispielsweise das Lachen des Publikums in Sitcoms tragen zum Gesamterlebnis einer Serie bei. Wir möchten natürlich auch Menschen, die den Ton nicht hören können, ermöglichen, diese Erfahrung zu machen.
Untertitel erstellen
Technisch betrachtet sind Untertitel eine Datei, die Informationen über die Zeit und den dazugehörigen Text enthält. Diese Datei wird zusammen mit deinem Video bereitgestellt. So weiß der Video-Player, wann welcher Text eingeblendet werden muss. Es ist also eine Art Anleitung, die dem Player sagt, welche Worte zu welcher Zeit angezeigt werden müssen.
Grundsätzlich kannst du Untertitel manuell erstellen, aber das ist ziemlich zeitaufwendig. Zum Glück gibt es heutzutage viele Tools, die dir diese Arbeit erleichtern können. Die meisten bieten eine automatische Generierungsfunktion an. Die solltest du mit Bedacht verwenden, denn das Ergebnis ist oft nicht ausreichend und muss in der Regel verbessert werden. Dennoch macht sie die Erstellung von Untertiteln insgesamt viel einfacher und schneller.
Eine kleine Auswahl:
- YouTube Studio: Gratis
- Sonix: Kostenplichtig
- Adobe Premiere Pro: Kostenpflichtig
- Descript: Kostenpflichtig

Audiodeskription – Alternative für visuelle Informationen
Eine Audiodeskription (AD) übersetzt die visuellen Elemente deines Videos auf die Tonspur, indem wichtige visuelle Details, Handlungen oder Umgebungen verbal beschrieben werden. Menschen, die dein Video nicht sehen können, bekommen auf diese Art eine Alternative und können dein Video als Hörspiel genießen.
Bei Audiodeskriptionen ist die Qualität der Beschreibungen von großer Bedeutung. Sie sollte präzise, gut verständlich und in angemessenem Tempo erfolgen. Ziel ist es, alle visuellen Elemente so anschaulich wie möglich zu beschreiben, um eine immersive und bereichernde Erfahrung für alle Zuschauerinnen und Zuschauer zu schaffen.
Was soll beschrieben werden
Wenn Inhalte visuell präsentiert werden, zieht das Gehirn wichtige Informationen aus verschiedenen Elementen wie dem Schauplatz, den Farben und Texturen, dem Aussehen der Figuren, ihrer Mimik, Bewegungen, Handlungen und Gesten. Das Gehirn interpretiert diese Informationen und bildet sich seine Meinung über die Sinneseindrücke. Die Audiodeskription soll den gleichen Effekt erzeugen, indem sie Menschen, die den Inhalt nicht sehen können, diese wichtigen Informationen vermittelt. Sie ermöglicht, sich ein umfassendes Bild von der visuellen Darstellung zu machen. Deshalb sollten auch Geräusche beschrieben werden, die nicht genau identifiziert werden können.
Die Priorisierung, Bearbeitung und Detailtiefe der Beschreibung hängen von der verfügbaren Zeit, der Art der Wiedergabe (z. B. ob die Beschreibung aufgezeichnet wird, damit der Zuhörer sie in Ruhe hören kann) und der Relevanz für das Verständnis und die Bewertung der Veranstaltung ab. Die Beschreibung sollte niemals verwirren, irreführen oder ablenken und sollte die Tonspur nicht stören. Eine gute Beschreibung betont und ergänzt dein Video.
Wie sollen Inhalte beschrieben werden
Die Art deiner Beschreibung ist genauso wichtig wie die Inhalte. Du solltest darauf achten, dass deine Beschreibungen einfach, klar und prägnant sind, das trägt zur Verständlichkeit bei. Was du vermeiden solltest, sind persönliche Meinungen oder Interpretationen der Inhalte. Mehr zu den Anforderungen kannst du hier bei den Best Practices für Audiodeskriptionen der American Council of the Blind nachlesen oder in unserem Blogartikel Was ist Audiodeskription?
Ist dein Video-Player barrierefrei?

Du hast eine fantastische Audiodeskription und großartige Untertitel für dein Video erstellt? Du bist bereit, deine Inhalte barrierefrei zu präsentieren und die Herzen der Zuschauerinnen und Zuschauer zu erobern. Jetzt kann dir nur noch der Video-Player in die Quere kommen. Du solltest daher prüfen, ob dein Player barrierefreie Inhalte zulässt:
- Untertitel können angezeigt werden, wenn notwendig
- Audiodeskriptionen können abgespielt werden, wenn notwendig
- Die Bedienung des Video-Players ist barrierefrei
- Kein Muss, aber ein Plus: Untertitel können durch individuelle Anpassungen konfiguriert werden und erlauben die Anpassung von Schriftgröße, Schriftart, Farbe und Transparenz des Untertitelbereichs.
Welche Player können das?
Es gibt momentan drei uns bekannte Möglichkeiten:
YouTube hat gute Untertitelmöglichkeiten. Einen AD-Button gibt es hier leider noch nicht. Deshalb muss ein Audiodeskription, wenn dann in ein zweites Video eingebunden unter dem Video verlinkt werden oder du bietest das Video standardmäßig mit AD an. Hier findest du eine Umsetzung im Erklärvideo zu Alt-Texten von uns.
Weitere Details zu den Anforderungen an einen Video-Player kannst du den Testkriterien der BITV zum Thema Videofähigkeiten entnehmen. Die BITV Prüfschritte findest du hier.