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Barrierefreie Schriftarten: Die richtige Typografie wählen

Veröffentlicht am 19. Dezember 2023
Autor*in: Tobias Roppelt
Eine Schrift für die gute Lesbarkeit. Daneben ist eine 1 ein großes I und ein kleines L. Buchstaben, die sich gut unterscheiden müssen.

Die Auswahl einer barrierefreien Schriftart ist zwar nicht von der WCAG vorgeschrieben, aber dennoch ziemlich wichtig, zum Beispiel für Menschen mit Dyslexie. Davon gibt es nicht weniger in Deutschland – etwa 7,5 Millionen!

Barrierefreie Typografie ist für alle hilfreich. Jeder kennt den Fall: Du musst eine Zahlen- und Buchstabenkombination eingeben, hast aber Probleme damit, die Buchstaben und Zahlen auseinanderzuhalten. Besonders bei einer 1, einem Großen I und einem kleinen l kann es da schnell zu Schwierigkeiten kommen. 

Die Lesbarkeit einer Font wird auf zwei Weisen definiert:

  • Wie gut sind einzelne Zeichen und Wörter für das Auge des Lesers erkennbar. (Im Englischen gibt es dafür den Begriff Legibility.)
  • Die generelle Lesbarkeit ist das Maß dafür, wie leicht der Text insgesamt zu lesen ist. (Im Englischen gibt es dafür den Begriff Readability.)

Eine barrierefreie Schriftart wählen

Bei der Auswahl barrierefreier Typografie ist es wichtig, dass sich die Buchstaben deutlich voneinander unterscheiden. Darauf kommt es besonders an:

Hinweis 1: Die 1, das große I und das kleine l sollten sich gut voneinander abheben.

Eine 1, ein großes i und ein kleines l

Hinweis 2: Die Kombination von r und n sollte sich vom m unterscheiden.

Die Buchstaben r und n stehen links, der Buchstabe m rechts. Stehen r und n nebeneinander, dürfen sich nicht mit einem m verwechselt werden.

Hinweis 3: Das O, die Null und das C sollten klar unterscheidbar sein.

O, 0 und C müssen sich voneinander unterscheiden.

Hinweis 4: Die Kleinbuchstaben b und q, die Ziffern 6 und 9 und die Kleinbuchstaben i und das Ausrufezeichen sollten sich gut voneinander unterscheiden, wenn du jeweils einen der beiden um 180° drehst.

Die Zeichenpaare b & q, 6 & 9 und i & Ausrufezeichen. Dreht man jeweils einen der Partner um 180° dürfen sich die Paare nicht gleichen.

Hinweis 5: Man muss zwischen dem Kleinbuchstaben a und der Ziffer 8, der gespiegelten Ziffer 6 und der Ziffer 9 klar unterscheiden können.

Die Zeichenpaare a & 8, a &6 gespiegelt und 9 & g. Die Paare dürfen nicht gleich aussehen

Von allen verschrien, aber ein guter Font für Dyslexie ist tatsächlich die „Comic Sans“! Außerdem gibt es zwei Schriftarten, die wir besonders hervorheben wollen.

Die barrierefreie Schriftart „Lexend“

Die Lexend ist die Schrift, in der der Text, den du gerade liest, gesetzt ist. Sie wurde bewusst dafür entwickelt, den Lesefluss zu verbessern. Leider können wir bisher nicht auf alle Vorteile der Schrift zugreifen, weil uns die Möglichkeit fehlt, variable Fonts zu nutzen. Was das bedeutet, erfährst du im nächsten Abschnitt oder auf der Webseite von Lexend selbst: Zur Webseite der Schrift Lexend.

Die barrierefreie Schriftart „Atkinson Hyperlegible“

Das Braille Institute of America hat die Atkinson Hyperlegible entwickelt, um Menschen zu helfen, Buchstaben klar voneinander unterscheiden zu können, auch wenn sie eine Sehbehinderung haben.

Buchstaben der Schriftart: Atkinson Hyperlegible. Ein mal sind sie klar und ein mal verschwommen. Das Bild soll zeigen, dass man die Buchstaben auch verschwommen gut voneinander unterescheiden kann.

So wie die Lexend ist auch diese Schrift kostenlos zu nutzen. Ihr könnt sie euch auf der Seite des Braille Instituts herunterladen: Zur Webseite der Atkinson Schriftart.

Barrierefreie Standard-Schriftart

Ansonsten sind auch viele Standard-Schriftarten völlig okay zu nutzen, wie:

  • Arial
  • Helvetica
  • Tahoma
  • Calibri
  • Century Gothic
  • Times New Roman
  • Georgia
  • OpenDyslexic

Allgemein ist zum Schriftschnitt noch zu sagen: Am besten wählst du einen Font, der einen eigens gestalteten Kursiv-Schriftschnitt hat und nicht einfach nur die Buchstaben schräg stellt.

Das sind die wichtigsten Punkte für die Auswahl der richtigen Schrift. Wenn du dich für eine Schrift entschieden hast, kommt es natürlich auch darauf an, wie du die Schrift einsetzt. Darauf gehen wir im Folgenden ein.

Arial: Die richtige Schriftart für Menschen mit Legasthenie

Die folgende Studie hat Standard-Schriften mit Schriften verglichen, die gezielt für Legasthenie entwickelt wurden: Zur Studien über die Lesbarkeit von Schriften für Menschen mit Legasthenie.

Bei der Studie sind ein paar ziemlich spannende Dinge herausgekommen:

  • Gute Schriftarten für Menschen mit Legasthenie sind Helvetica, Courier, Arial, Verdana
  • Serifenlose Schriften, Monospaced und romanische Schriftarten erhöhen die Leseleistung signifikant
  • Kursiv Schriftarten bzw. Text in Kursiv verringern die Leseleistung

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Eine neue Technologie für digitale Barrierefreiheit: Variable Fonts

Variable Schriftart, verbessern nachweislich die Lesefähigkeit.

Die neuesten Technologien im Bereich der Schriftensoftware ermöglicht es mittlerweile sogenannte variable Fonts zu gestalten. Variable Fonts erlauben es Leser*innen, die Breite der Schriftart und den Abstand zwischen den Buchstaben zu vergrößern. So hat jeder die Möglichkeit, eine Schrift so einzustellen, dass sie den eigenen Bedürfnissen gerecht wird und für einen selbst optimal lesbar ist.

Leider wird diese Technologie noch lange nicht von allen Browsern unterstützt. Deswegen wird es noch eine Weile dauern, bis wir variable Fonts in freier Wildbahn sehen. Wir sind uns aber ziemlich sicher, dass es nicht mehr lange dauern wird, bevor es so weit ist!

Barrierefreiheit im Fließtext sicherstellen

Setzen den Text linksbündig für bessere Lesbarkeit

Vermeide es, Texte zentriert zu setzen. Zentrierte Texte sind wesentlich schlechter lesbar, als es linksbündige Texte sind – für alle Menschen. 

Zwei Kärtchen mit jeweils viel Text. Der Text im linken Kästchen ins mittig ausgerichtet, der Text im rechten Kästchen Linksbündig. Linksbündiger Text ist besser zu lesen.

Nutze am besten keine Versalien für längere Sätze

Setze lange Sätze nicht in Versalien. Großbuchstaben sind schwerer voneinander zu unterscheiden, denn sie ähneln sich mehr als Kleinbuchstaben (gleiche Höhe). Das erschwert das Lesen enorm. Außerdem bekommen viele dabei ein negatives Gefühl, da Großbuchstabe in Text oft damit in Verbindung gebracht werden, dass man angeschrien wird.

Text in jeweils 2 Kärtchen. Im linken Kärtchen ist der gesamte Text in Großbuchstaben verfasst. Im rechten normal. Das ist besser zu lesen.

Barrierefreie Schriftarten als Nutzer*in selbst einstellen

Was die digitale Welt angeht, sind intelligente Leute schon auf intelligente Ideen gekommen! Auch, wenn der Designer zum Beispiel sich weigert, eine barrierefreie Schriftart zu wählen, hat man als Nutzender heutzutage die Möglichkeit, das Zepter selbst in die Hand zu nehmen!

Gewisse Erweiterungen für deinen Browser, erlauben es dir, die Schrift auf einer Webseite in einer beliebigen Schrift anzeigen zu lassen, die dir gefällt.

Mit dem folgenden Plug-In kannst du zum Beispiel alle Schrift auf jeder Webseite dir in Comic Sans anzeigen lassen. Link zur Comic-Sans-Erweiterung für Google Chrome

Zusammenfassung über die Auswahl und den Umgang mit barrierefreier Schrift

  • Barrierefreie Typografie ist für alle hilfreich.
  • In den WCAG-Standards steht nichts über den Einsatz von barrierefreien Schriften, es ist also kein Muss.
  • Einzelne Buchstaben sollten gut erkennbar sein. (Legibility)
  • Lesbarkeit ist das Maß dafür, wie leicht der Text insgesamt zu lesen ist. (Readability)
  • Wähle eine Typografie, bei der sich die Buchstaben deutlich voneinander unterscheiden. (zum Beispiel großes I und kleines i)
  • Vermeide es, Texte zentriert zu setzen.
  • Serifenlose Schriften, Monospaced und romanische Schriftarten erhöhen die Leseleistung signifikant
  • Setze lange Sätze nicht in Versalien. (Außer du möchtest Menschen anschreien)

Vielleicht auch interessant: barrierefreie PDF

Häufige Fragen zum Thema

Tobias Roppelt lacht in die Kamera.

Über Tobias Roppelt

Hi, Ich bin Tobias, der Gründer und Geschäftsführer der Gehirngerecht Digital GmbH. Unser Mission ist es, das Internet barrierefrei und damit zugänglich für alle zu machen! Auf dieser Mission suchen wir immer Partner und Unterstützer. Wenn du Interesse hast, mit uns zusammenzuarbeiten oder selbst hier einen Blog-Eintrag zu veröffentlichen, melde dich jederzeit bei uns!

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