Der Grund, warum nicht inklusive Firmen scheitern

Veröffentlicht am 11. November 2023
Autor*in: Tobias Roppelt
Text auf Bild: Fortschritt durch Vielfalt. Eine Illustration von einem Pfeil, der nach oben geht und einem, der nach unten geht. Der aufsteigende Pfeil steht für ein inklusives Unternehmen.

Digitale Barrierefreiheit ist ein Teil von Inklusion. Und wer sich mit digitaler Barrierefreiheit befasst, kommt nicht daran vorbei, sich die Frage zu stellen: Warum benötigen wir überhaupt Inklusion? 

Ich werde hier auf keine moralischen oder ethischen Aspekte eingehen, warum wir eine inklusivere Gesellschaft schaffen sollen. Wir als Team glauben offenkundig daran, dass es richtig und wichtig ist, Menschen nicht auszugrenzen und alle als wichtigen Teil der Gesellschaft zu sehen. Was richtig und wichtig ist, ist allerdings bekanntlich sehr subjektiv. Darum will ich mich hier auf einen objektiveren Grund beziehen, um die Relevanz von Inklusion und Diversität zu verargumentieren. Ich will durch eine rationale und nicht emotionale Perspektive verdeutlichen, warum mehr Inklusion für unser aller Zukunft unverzichtbar ist.

Es gab eine Zeit …

Im letzten Jahrhundert war vereinfacht gesagt für Firmen eine Sache am wichtigsten: Effizienz. Sie wollten so schnell wie möglich, so viel wie möglich produzieren. Um das zu erreichen, benötigten sie ziemlich genau einen Stereotypen von Arbeiter: Stark, schnell, fit und hörig! Je effizienter der Mitarbeiter, desto mehr wurde produziert und desto mehr Geld wurde geschaufelt.

Eine Illustration von einem blauen Viereck mit muskulösen Armen und Beinen. Darüber steht Maschiene.

Aus Ökonomischer Sicht, war es einfach ein Minusgeschäft, sich jemanden einzustellen, der körperlich schwächer war (Frauen), andere Einschränkungen hatte (Menschen mit Behinderungen) oder der eine andere Sprache gesprochen hat (Menschen unterschiedlicher Herkunft). Jemanden einzustellen, der nicht die Voraussetzungen hatte, maximal effizient zu sein, war also immer ein Verlustgeschäft.

Es gab zwar die Industrielle Revolution, die uns Fabriken und Maschinen gebracht hat, aber genau diese, hat uns gleichzeitig die Akkord-Arbeit gebracht. Der Mensch wurde zur Verlängerung der Maschine. Und das in der heutigen Zeit bei vielen auf Effizienz getrimmten Arbeitsplätzen immer noch so.

Wer mal in einem Lager von Amazon gearbeitet hat, weiß vielleicht, wovon ich rede. Jede menschliche Emotion ist in solchen Umgebungen hinderlich. Dein einziger Zweck ist es, deine Arbeit zu machen und das, am besten so schnell und präzise wie möglich. Selbst das Pinkeln gehen, wurde (oder wird) in Amazon-Lagern in England bestraft. (Wer dreimal auf der Toilette war, hat seinen Job verloren. Quelle: Beitrag über miserable Arbeitsbedingungen bei Amazon (englisch))

Und machen wir uns nichts vor: Wenn sie könnten, würden alle Firmen Menschen sofort mit Maschinen für solche Aufgaben ersetzen. Was uns wiederum zu der guten Sache führt: Roboter! Oder besser gesagt: Internet, Digitalisierung, Fortschritt und Technologie. 

Wir arbeiten uns Stück für Stück raus, aus dem Zeitalter, in dem Menschen Ersatzmaschinen sind. Und das nur, weil wir eine Sache schaffen: Maschine, die Menschen ersetzen können (Yeah!) – zumindest was die repetitiven Arbeiten angeht.

Das ist eine gute Sache! Je mehr Roboter es gibt, die effizient arbeiten, desto weniger muss ein Mensch sich dazu quälen, 8 bis 10 Stunden am Tag so zu tun, als wär es ein Roboter! Je mehr die langweiligen, sich wiederholenden Aufgaben von Maschinen übernommen werden, desto mehr Zeit hat der Mensch, Menschen-Dingen zu tun. Ich weiß, das wird jetzt vielleicht sehr überraschend kommen, aber, eine Sache, die Menschen relativ gut können: Denken und kreativ sein!

Stellt sich heraus, wenn eine Maschine deine langweilige Arbeit übernimmt, hast du mehr Zeit zum Denken. Und je mehr Zeit du zum Denken hast, desto wahrscheinlicher ist es, dass du auf neue Ideen kommst! 

Die neue Art des Arbeitens.

Ich behaupte, dass du und 95 % der Menschen, die diesen Blogeintrag jemals lesen, „Wissensarbeiter“ sind. Das bedeutet, dass du hauptsächlich fürs Denken bezahlt wirst. Du verdienst dein Geld mit Designen, Coden, dem Leiten eines Teams, dem Führen eines Geschäftes oder Ähnliches. Ja, überall gehört zwar auch ein wenig „Handwerk“ dazu, aber die meiste Zeit deines Tages verbringst du mit „denken“. 

Und das geht ziemlich vielen Menschen in ziemlich vielen Unternehmen heutzutage so. Firmen haben herausgefunden, dass Denken sehr viel Geld machen kann. Wer es zum Beispiel schafft, Arbeitsprozesse effektiver zu machen, spart sich Geld und wer dieses Wissen dann noch verkauft, gewinnt dazu noch sehr viel Geld.

Und um Arbeitsprozesse effektivere zu machen, benötigen wir neue Ideen. Es geht nicht mehr darum, nur etwas produzieren zu können, um am Markt zu überleben. Jeder kann heutzutage produzieren, was er will. Du kannst dir genau in dieser Minuten auf Shopify einen Onlineshop eröffnen und anfangen, etwas zu verkaufen. Es ist vollkommen egal, was du verkaufen willst, China hat es oder produziert es für dich – versprochen! 

Die Frage ist nicht mehr: „Kann ich das verkaufen?“, sondern: „Wie vermarkte ich es besser, als mein nebenan?“

Und dafür benötigst du keine effizienten Mitarbeiter, sondern gute Ideen! Das ist natürlich keine neue Einsicht. Wir wissen seit einer geraumen Zeit, dass Denken hilft und Innovationen dir einen Vorsprung im Markt verschafft. 

Die Frage, vor der viele Firmen stehen, ist im Moment: „Woher kommen die innovativen Ideen, die meinen, Wachstum fördern und mich als Firma zukunftsfähig machen?“

Und das Problem, dass viele dabei haben und nicht erkennen ist: Shit in → Shit out. 

Warum nur Inklusion die Zukunft sein kann.

Stellen dir vor, Innovation ist eine magische Box. Du fütterst diese Box mit Informationen und basierend auf dem, was du der Box fütterst, spuckt sie Ideen aus. 

Ein Prozess: Informationen in eine magische Box. Raus kommen neue Ideen.

Cool! Also fängst du an, die Box mit deinem Wissen zu füttern. Das heißt, du fütterst sie mit westlichem, europäischem Gedankengut. Mit deiner Kultur, deinen Werten, deiner Art zu reden, deinen Ansichten und so weiter und daraufhin liefert dir diese Box brillante Innovationen. So war es zumindest… in den vergangenen Jahrzehnten.

Mittlerweile haben – zumindest große Firmen – das Problem daran erkannt. Wenn du deine magische Box durchgehend mit den gleichen Informationen fütterst, kommt am Ende immer wieder das Gleiche dabei raus. Das führt zu keinen neuen Innovationen und das bringt uns nicht mehr weiter, besonders nicht, wenn wir einen Vorsprung gegenüber unserer Konkurrenz halten wollen.

Deswegen ist man auf eine kluge Idee gekommen: wir verändern die Informationen, die wir der Box füttert. Diese neuen Informationen sind andere Ansichten, andere Werte, andere kulturellen Konzepte und so weiter. Stellt sich heraus: je vielfältiger die Variablen, die man der magischen Box füttert, desto kreativer, neuer und einzigartiger die Ergebnisse.

There you go: Vielfalt und Diversität!

Studie nach Studie beweist, dass eine Gruppe von unterschiedlichen Menschen (Herkunft, Geschlecht, Alter) auf kreativere Ideen kommt, als eine Gruppe aus relativ ähnlichen Personen. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Erfahrungen gemacht, unterschiedliche Dinge gesehen, andere Synapsen verknüpft und so weiter. Wenn man das alles zusammenwirft und umrührt, kann nur etwas Neues dabei herauskommen. 

Mehr Inklusion macht uns also kreativer. Warum? Weil wir dadurch ein Problem aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten können. Verschiedene Leute, schauen auf ein Problem aus verschieden Richtungen, was uns zu neuen Lösungen bringt.

Die Erfahrungen und die Erlebnisse, die etwa eine gehörlose Person jeden Tag macht, lässt sie die Welt komplett anders wahrnehmen, als du es je könntest. Egal, wie emphatisch, kreativ oder intelligent du bist, wirst du nie die Perspektive einnehmen können, die eine andere Person, ein ganzes Leben lang aufgebaut hat. 

Darum benötigen wir unterschiedliche Menschen und unterschiedliche Perspektive, wenn wir als Unternehmen innovativ bleiben wollen. Wir allein können das nicht und eine homogene Masse an Personen kann das genauso wenig. Es wird Zeit zu verstehen, dass: Vielfalt Kreativität bedeutet. Die Kreativität zu Innovationen führt und dass Innovationen der einzige Weg für Wachstum in der Zukunft ist. 

Wer sich der Diversität und Inklusion verweigert, wird sowohl als Unternehmen, als auch als Land, in keine sehr glorreiche Zukunft blicken. Wir sollten anfangen, das Zeitalter der effizienten Arbeit hinter uns zu lassen und uns auf effektive Arbeit konzentrieren.

Ja, es kostet mehr Zeit, seine internen Strukturen so umzustellen, dass Menschen aus anderen Kulturen und Menschen mit Behinderung in deiner Firma arbeiten können. Und ja, es macht gewisse Kommunikation und Prozesse schwieriger und langsamer. Aber das sind nur Probleme, wenn wir unsere Arbeit mit dem Maßstab der Effizienz messen. Sobald wir anfangen, die Effektivität unserer Arbeit zu beurteilen, spielen diese Argumente von oben keine Rolle mehr.

Oder, um es in klugen Worten zu sagen, von deinem Autor, den ich leider nicht kenne:

„Stop trading time for money, start trading value for money.“

Zum Abschluss noch eine Studie von McKinsey zeigt, dass Firmen, die mehr Diversität in den Geschlechtern und ethnischen Hintergründen haben, ihre Konkurrenten voraus sind. Die Wahrscheinlichkeit finanziell bessere Ergebnisse zu liefern, liegt bei mehr Diversität der Geschlechter, bei 25 % und bei mehr Diversität in Ethnien sogar bei 36 %. Hier geht es zum ganzen Artikel von McKinsey über den Mehrwert von Inklusion und Diversität (englisch).

Mehr Geld, dass Unternehmen machen, wenn sie ethnisch divers oder divers bezüglich Geschlechtern sind.
Tobias Roppelt lacht in die Kamera.

Über Tobias Roppelt

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