Was Kleidung mit barrierefreien PDFs zu tun hat
„Tag“ bedeutet ins Deutsche übersetzt „Etikett“. Ich vergleiche Tags gerne mit Waschzetteln in unseren Klamotten. In den kleinen Zettelchen stehen alle wichtigen Informationen zum Kleidungsstück: „Welches Material wurde verarbeitet? Wie muss ich die Waschmaschine einstellen, damit mein Lieblingspulli am Ende des Waschgangs nicht drei Nummern zu klein ist?“ Und so weiter.
Tags in Dokumenten sind wie Waschzettel in unserer Kleidung. Auf den ersten Blick sind sie nicht sichtbar. Trotzdem sind sie ausschlaggebend, weil sie jedem Textelement die Eigenschaften zuweist. So wie der Waschzettel auch die Eigenschaften des Kleidungsstücks angibt.
Wieso Tags für das Dokument? Ich sehe das doch!
Im Informatikunterricht wurde mir früher beigebracht, dass ich eine Überschrift im Dokument fett markieren und am besten auch ein paar Schriftgrößen größer machen sollte. Für eine „maximal offensichtliche“ Kennzeichnung könnte ich die Zeile dann noch unterstreichen. Als sehende Person ist mir dann klar: Hier ist eine Überschrift.
Dass in meinem Informatikunterricht Inklusion nicht mitgedacht wurde, muss ich wahrscheinlich nicht noch weiter ausführen. Dabei hätten wir ganz einfach mit Formatvorlagen arbeiten und so schon einige Barrieren abbauen können. Durch die Formatvorlagen kann schon im Quelldokument die korrekte semantische Rolle zum jeweiligen Element hinzugefügt werden. Das heißt, dass auch Menschen, die die Schriftart nicht sehen, darüber informiert werden, dass es sich um eine Überschrift handelt.
Kurz: Es können schon im Quelldokument Tags angelegt werden. Mit dem richtigen Tool konvertiert, wird der Tag dann automatisch ins PDF-Dokument mitgenommen.
Dokumente zum Sprechen bringen und barrierefrei machen
Barrierefreie Dokumente müssen für alle Menschen lesbar sein – nicht nur für Leute, die keinerlei Seheinschränkungen haben. Da reicht es nicht aus, die Textelemente optisch voneinander zu unterscheiden, denn nicht jede Person kann das optisch wahrnehmen oder deutet meine optische Hervorhebung genauso wie ich.
Damit assistive Technologien (wie Screenreader) die Textelemente mit ihrer jeweiligen Funktion im Dokument erkennen können, müssen wir ihnen eine Rolle zuschreiben. Wir müssen sie mit einem passenden Tag kennzeichnen.
Jedes Dokument hat eine Struktur, die aus unterschiedlichen Textelementen besteht.
Zum Beispiel:
- Überschriften
- Fließtext
- Listen
- Tabellen
- und Bildern.
Diese Elemente haben unterschiedliche Bedeutungen und Funktionen im Gesamttext. Einfach gesagt: Von einer Überschrift erwarte ich, dass sie eine kurze Bezeichnung für einen nachfolgenden Absatz (Fließtext) bietet. So entsteht eine Struktur im Dokument.
Habe ich mein Dokument richtig getagged, dann kann mir jedes Element sagen, welche Rolle es im Text übernimmt. Screenreader (und einige andere assistive Technologien) greifen auf die Tags zurück, um den Inhalt korrekt wiederzugeben. Die Lesereihenfolge (und Strukturreihenfolge) wird durch die Reihenfolge der Tags bestimmt.
Tags geben also die semantische Rolle eines Elements im Dokument an. Ein Fließtext wird zum Beispiel mit dem Tag <P> (für „Paragraph“) markiert. Bei Überschriften kann auch in Zwischenüberschriften gegliedert werden, sodass bis zu 6 Überschriften-Ebenen von <H1> bis <H6> entstehen.
Tags für Bilder in einem PDF
Bilder werden mit dem <Figure>-Tag gekennzeichnet Durch semantisch korrekte Tags kann durch das Dokument, beziehungsweise durch die Überschriften navigiert werden – so können auch blinde Menschen Dokumente „querlesen“.
Jedes <Figure>-Element benötigt einen Alternativtext. Die Alternativtexte bringen dann die Bilder zum Sprechen, indem assistive Technologien den Alternativtext als Ersatz des Bildes vorlesen. Für diejenigen, die die Bilder nicht sehen können.
Tags für Tabellen in einem PDF
Komplexe Tabellen sind ein anschauliches Beispiel, um zu beschreiben, wieso Tags so wichtig sind. Ein Screenreader würde ein nicht getaggtes Dokument samt Tabelle einfach von oben nach unten lesen. In einem getaggten Dokument ist deutlich gekennzeichnet, wo innerhalb der Tabelle Überschriftenzellen und Datenzellen sind. Außerdem kann zusätzlich vermerkt werden, wie die Datenzellen und Überschriftenzellen miteinander in Verbindung stehen. Das bedeutet: Es bedarf (anders als oft angenommen) keine „Extra-Tabelle“ für blinde Menschen. Wenn eine Tabelle gut erstellt und getaggt ist, ist sie auch für blinde Menschen verständlich.
Übrigens: Alle Menschen profitieren von semantisch korrekten Tags, denn so sind Dokumente viel besser bedienbar. Bei einem barrierefreien Dokument ist zum Beispiel das Inhaltsverzeichnis immer interaktiv. Durch einen einfachen Klick auf eine Kapitelüberschrift kannst du direkt zu der jeweiligen Seite im Text springen.
So prüfst du Tags in deinen barrierefreien Dokumenten
Ob ein Dokument semantisch korrekte Tags enthält, können wir am äußeren Erscheinungsbild der PDF-Datei nicht erkennen. Ein barrierefreies PDF sieht also genau gleich aus, wie ein Dokument ohne Tags.
Keine Sorge: Es gibt zuverlässige und einfache Methoden, die dir zeigen, ob dein Dokument richtig getagged ist. Der PDF Accessibility Checker (PAC) ist ein kostenloses Werkzeug, das deine PDF-Datei auf ihre Barrierefreiheit prüft. Über die Screenreader-Vorschau bekommst du einen Einblick in die logische Strukturreihenfolge.
Hier gehts zum PDF Accessibility Checker (PAC) (englisch)
Wie der Screenshot zeigt, wird dir jedes Textelement in einer anderen Farbe angezeigt. Zusätzlich zu der farblichen Kennzeichnung steht links in der Screenreader-Vorschau das Tag-Kürzel für das jeweilige Textelement. So kannst du direkt erkennen, welche Rolle du den Elementen in deinem Dokument zugeordnet hast. Jetzt musst du nur noch überprüfen, ob die Tags auch der tatsächlichen Rolle des Textelements entsprechen und du nicht aus Versehen eine Überschrift als Fließtext getagged hast.
Fazit zu Tags in barrierefreien Dokumente
Nur wenn die du Tags in deinem Dokument richtig setzt, können Menschen mit Screenreadern durch deine Inhalte navigieren und sich ein Dokument vorlesen lassen. Tags sind also ein wichtiger Schritt, um deine Inhalte für alle zugänglich zu machen und dafür zu sorgen, dass jeder die Möglichkeit hat, deine Inhalte oder auch Bedienungsanleitungen zu lesen.
Tags kannst du direkt in deinem Tool (Word, InDesign oder LibreOffice) erstellen – mit den richtigen Tools konvertiert, sind diese dann auch in deinem PDF. Wir übernehmen natürlich auch gerne ganz die Arbeit für dich. Erfahre mehr zu Axes4 und barrierefreien PDFS.